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(1966-D)-Der gute Mensch von Sezuan - Spielfilm     643

 

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Inhalt:
Entstehung Als Vorlage für Brechts Werk diente die griechische Sage des alten Ehepaars Philemon und Baucis. Das Paar wohnt in einer ärmlichen Hütte am Stadtrand und nimmt den verkleideten Gott Zeus und dessen Sohn Hermes äußerst freundlich zur Bewirtung auf. Die beiden Gäste hatten sich zur Erde herabgelassen, um die Güte der Menschen zu prüfen. Als Philemon und Baucis herausfinden, dass sie es mit Göttern zu tun haben, entschuldigen sie sich für das karge Mahl. Zeus und Hermes sind jedoch sehr zufrieden und belohnen das gastfreundliche Ehepaar. Eine weitere Vorlage ist die biblische Erzählung von Sodom und Gomorra, in der Gott die beiden Städte zerstören will und zunächst drei Engel zu Abraham schickt und danach, als dieser Gott bittet, Schuldige und Unschuldige nicht gleichermaßen zu bestrafen, zwei Engel nach Sodom entsendet, wo sich Abrahams Neffe Lot aufhält. Dieser erweist sich als der einzige unschuldige Mensch und wird mit seiner Familie zusammen vor der Katastrophe gerettet. Tatsächlich ist mit der von Brecht angegebenen Entstehungszeit 1938–40 nur der intensivste Kern seiner Entstehung berücksichtigt. Die ersten fünf Szenen des späteren Theaterstückes stellte Brecht schon 1930 unter dem Namen Die Ware Liebe fertig. Im Jahre 1939 beendete er im dänischen und schwedischen Exil eine erste Rohfassung, 1942 legte er die Arbeit am Stück endgültig nieder. Trotz häufiger Überarbeitungen hielt Brecht das Stück aber nie für ganz fertig. Inhalt Drei Götter wollen beweisen, dass auch gute Menschen auf der Erde leben. Sie suchen diesen guten Menschen in der chinesischen Provinz Sezuan. Der Wasserverkäufer Wang, der als einziger die Götter erkennt, sucht verzweifelt eine Unterkunft für sie. Er wird erst bei der Prostituierten Shen Te fündig, nachdem er mehrfach von anderen, wohlhabenderen Menschen abgewiesen wurde. Als sie von ihren Geldsorgen berichtet, bezahlen die Götter für ihr Nachtquartier ein kleines Vermögen. Mit diesem ersteht Shen Te einen Tabakladen und verspricht den Göttern, sich nur noch gut zu verhalten. Shen Te bietet zunehmend mehr Leuten in Not Unterkunft. Diese nutzen ihre Hilfsbereitschaft jedoch schamlos aus. Schulden häufen sich an. Daher schlüpft Shen Te in die Rolle eines rücksichtslosen Vetters, Shui Ta. In dieser Rolle und Verkleidung als Shui Ta vertreibt Shen Te die Schmarotzer. Die Miete ist allerdings immer noch ausstehend und man rät ihr, einen vermögenden Mann zu heiraten, um die Geldsorgen ein für allemal loszuwerden. Im Stadtpark begegnet Shen Te dem arbeitslosen Flieger Yang Sun, der kurz vor dem Suizid steht. Um ihn davon abzuhalten, beginnt sie ein Gespräch und verliebt sich in ihn. Von Suns Mutter erfährt Shen Te, dass er ein Stellenangebot als Postflieger in Peking bekommen hat und dafür 500 Silberdollar benötigt, um einen Hangarbetreiber zu bestechen. Shen Te gibt ihm ohne Zögern die 200 Silberdollar, die sie zuvor bei dem alten Teppichhändler-Ehepaar geliehen hatte, um davon die Miete für den Laden zu bezahlen. Durch diese Hilfsbereitschaft gefährdet sie ihren Laden. Die Hochzeit Shen Tes und Suns soll in einem billigen Restaurant stattfinden. Shen Te gesteht ihrem Verlobten, dass sie den Laden aufgrund ihrer Schulden bei den Alten nicht verkaufen kann. Bei einem Gespräch zwischen Sun und seiner Mutter wird deutlich, dass er Shen Te nicht heiraten wird, wenn sie ihm das zugesicherte Geld nicht gibt. Sun hofft, dass Shui Ta seiner Zukünftigen helfen kann und lässt nach ihm schicken. Da Shen Te aber nicht gleichzeitig als Shui Ta auftreten kann, wartet er vergeblich und die Hochzeit fällt ins Wasser. Wang wirft den Göttern vor, sie würden Shen Te nicht helfen. Diese entgegnen: »Wir sind nur Betrachtende«, die Kraft des guten Menschen »wird wachsen mit der Bürde.« Shen Te sieht ein, dass sie mit Sun keine neue Existenz aufbauen kann, obwohl sie dafür ihren Laden aufgegeben hat. Zudem ist sie schwanger. Im Interesse des ungeborenen Kindes setzt sie wieder die Maske von Shui Ta auf und baut mit ausbeuterischen Methoden eine florierende Tabakfabrik auf mit Sun als Arbeiter und später als Aufseher. Sun, dem Vater ihres Kindes, erzählt Shen Te nichts von ihrer Schwangerschaft. Sie behält die Rolle von Shui Ta und tritt bis zum Ende den anderen nicht mehr als Shen Te gegenüber, mit Ausnahme der Shin, die unter Entschädigung zu ihrer Vertrauten wird. Shui Ta erzählt den anderen, Shen Te sei verreist. Diese Lüge stößt aber bald, vor allem bei Wang und Sun, auf Skepsis. Das Verschwinden von Shen Te wird Shui Ta zugeschrieben, der des Mordes an ihr beschuldigt wird. Shui Ta wird vor Gericht gestellt, das von den drei Göttern gebildet wird. Er, beziehungsweise sie, erkennt diese wieder, gibt ihnen ihre wahre Identität preis und erzählt ihre Geschichte. Obwohl deutlich wird, dass der Anspruch der Götter, »gut zu sein und doch zu leben«, in dieser Welt nicht erfüllbar ist, ohne dass sich der Mensch in eine moralische-gute und lebensfähig-harte Persönlichkeit aufspaltet, ignorieren die Götter diese Erkenntnis. Das Ende bleibt offen und der Zuschauer wird aufgefordert, eine eigene Lösung zu finden. Epische Strukturelemente Anders als beispielsweise Leben des Galilei erfüllt Der gute Mensch von Sezuan sämtliche Kriterien der epischen Dramentheorie. Das Stück ist offen in Anfang und Ende, die einzelnen Bilder stehen für sich, sind aneinandergereiht und können einzeln betrachtet werden. Die Handlung spielt sich auf zwei vollkommen konträr zueinander stehenden Handlungsebenen ab. Die transzendente Welt der Götter nimmt, weltfremd und fern aller Alltagsprobleme, die harte Realität der sozialen Elendsviertel, welche die andere Handlungsebene darstellt, nicht wahr. Die Götter besitzen andererseits in den Elendsvierteln von Sezuan keinerlei Bedeutung. Beide Handlungsebenen werden im Verlaufe des Stücks durch Montage – wie eingeschobene Traumsequenzen – verknüpft.[1] Erst im letzten Bild, als die Götter als falsche Richter fungieren, treffen beide Handlungsebenen wieder aufeinander, wobei sich die Götter von der realen Welt gedanklich so weit entfernt haben, dass sie nicht mehr fähig sind, Shen Tes Geschichte richtig zu interpretieren. Beide Handlungsebenen – die frühkapitalistischen, kulturell vor allem ostasiatisch geprägten Elendsviertel Sezuans und die realitätsferne Welt der Götter – schaffen eine große Distanz zum Zuschauer, der in völlig anderen Verhältnissen lebt und dem so das Bühnengeschehen fremd und unwirklich erscheint. Der Verfremdungseffekt findet besonders zahlreiche Anwendungen. Dabei wird die Handlung an vielen Stellen durch handlungsfremde Elemente unterbrochen, etwa durch Zwischenspiele, in denen Wang die Götter erscheinen, sowie Lieder, die das Geschehen teils sarkastisch kommentieren (z. B. das „Lied des Wasserverkäufers im Regen“ oder „Terzett der entschwindenden Götter auf der Wolke“). Des Weiteren gibt es zahlreiche Stellen, an denen handlungsdistanzierende Gestaltungsmittel verwendet werden, wobei z. B. Charaktere aus ihrer Rolle heraustreten und die Geschehnisse als Außenstehende kommentieren. Sehr deutlich wird diese Form des Verfremdungseffekts im 8. Bild, in dem Frau Yangs Rückblende, die sie aus ihrer subjektiven Perspektive erzählt, durch szenische Darstellungen auf der Bühne verfremdet wird, die massiv von Frau Yangs Sichtweise abweichen. Der dadurch erzeugte Kontrast zwischen dargestellten und geschilderten Ereignissen erzeugt beim Zuschauer eine kritische Distanz, die zum Nachdenken anregt. Nicht zuletzt sind die Aufspaltung Shen Tes in zwei völlig widersprüchliche Persönlichkeiten und die Lächerlichkeit der oft sehr menschlich und fehlbar wirkenden Götter, die dem Anspruch, göttlich zu sein, in keiner Weise gerecht werden, weitere Anwendungen des Verfremdungseffekts. Auch auf sprachlicher Ebene findet der Verfremdungseffekt Verwendung im Stück. So stellt Frau Yang im 8. Bild die Wahrheit nicht nur völlig verzerrt dar, sondern steigert diese Verzerrung zudem ins Übertriebene, wenn sie von Shui Ta als „unendlich gütig“ spricht und betont, sie und ihr Sohn könnten ihm „wirklich nicht genug danken“.[2]